Charlotte Kliemann.

Autorin & Lektorin

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Die Erinnerungskultur zu den Verbrechen des Nationalsozialismus ist auch heute noch ein wichtiger Faktor des öffentlichen Lebens der Bundesrepublik Deutschland. Auch die historische Aufarbeitung ist noch nicht abgeschlossen, das gilt besonders für die Verfolgung der Roma und Sinti des Dritten Reiches.

In meinem Roman steht das Roma-Mädchen Rubina im Mittelpunkt, das mit seinen Eltern und Geschwistern durch die Städte des Ruhrgebietes zieht. 1941 muss die Familie in die Wälder des Sauerlandes fliehen, um der Deportation in ein Konzentrationslager zu entgehen. Jahrelang kämpft sie, abgeschnitten von der Zivilisation, ums Überleben, oft dem Hungertod nahe. Dann stirbt der kleine Bruder, und Rubina gibt sich die Schuld an seinem Tod. Fortan fühlt sie sich fremd in der Familie. Es ist das Jahr 1943, und Rubina ist acht Jahre alt, als sie beschließt, die anderen zu verlassen. Sie lässt die Wälder hinter sich und findet Unterschlupf auf einem Bauernhof. Nach Kriegsende treibt die Sehnsucht nach den Eltern und Geschwistern Rubina zurück ins Ruhrgebiet. Suchend durchstreift sie die zerstrümmerten Städte. Dabei begegnet sie Gero, einem dreijährigen verwaisten Jungen. Rubina meint, in Gero ihren kleinen Bruder wiedergefunden zu haben, und nimmt sich seiner an. Doch als sie endlich den neuen Lagerplatz ihrer Familie entdeckt, währt die Freude über das Wiedersehen nicht lang: Die Familie lehnt den kleinen Gero ab und will ihn nicht bei sich aufnehmen ...

Jahrzehnte später hat Martin, Rubinas Sohn, es geschafft: Er ist ein anerkannter Zeitungsredakteur. Trotzdem hadert er mit seiner Herkunft, und dann ist da noch ein traumatisches Kindheitserlebnis, das es ihm schwer macht, Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen. Das Scheitern seiner Ehe und die Trennung von seinen beiden Kindern verunsichern ihn noch zusätzlich. Da begegnet er Claudia. Auch sie kämpft mit einer unheilvollen Erinnerung aus ihrer Kindheit und einer Familiengeschichte, die sie zutiefst geprägt hat. Vom ersten Augenblick an fühlen beide sich zueinander hingezogen. Doch trotz der Gemeinsamkeiten holt Martin das Misstrauen ein - er meint Claudia zuvorkommen zu müssen und will sich von ihr trennen. Aber Claudia wirft für ihre Beziehung alles in die Waagschale, selbst ihr Leben ...

Es ist mir wichtig, mit diesem Roman zu zeigen, wie tief Politisches und das, was wir Geschichte nennen, in das Leben Einzelner eingreift und welche Macht Vorurteile haben. An Rubinas und Martins Geschichte wird deutlich, wie weit Vorurteile das Leben der Betroffenen bestimmen können, wie sie sich diese Vorurteile zu eigen machen und ihre Entscheidungen daran ausrichten.

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Charlotte Kliemann

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„Ganz unvermittelt hatte ich dir von meinem Vater erzählt. Ich kannte deine Augen und deinen Mund nur lachend, doch jetzt, nachdem ich über meinen Vater gesprochen hatte, warst du ernst, und ernst hattest du gesagt: Wenn unsere Toten nicht bei uns wären, müssten wir vor Einsamkeit sterben.“

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