Charlotte Kliemann.

Autorin & Lektorin

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Angeblich gibt es kaum eine deutsche Familie, die nicht ein ungutes Geheimnis aus der Zeit des Dritten Reichs hütet.

Neue Generationen sind inzwischen herangewachsen, fern von den Verbrechen der Nazis. Doch was geschieht mit den dunklen Stellen in der Familienchronik, die oft gut vergraben vor den Augen der Kinder bewahrt wurden? Werden sie vergessen? Oder wirken sie weiter? Auf eine andere, aber immer noch verhängnisvolle Weise?

Claudia Arnsberg, 36 Jahre alt, Juristin mit abgebrochener Modelkarriere, Mutter von drei Kindern und verheiratet mit einem verständnisvollen Ehemann, führt ein privilegiertes Leben. Auf den ersten Blick scheint alles perfekt, doch das Trügerische dieser Idylle lässt sich nicht verbergen: Claudia ist verunsichert, leidet unter Depressionen, ihr Mann Bernard versucht seiner Hilflosigkeit mit Cognac und Whisky Herr zu werden.

Als Claudia endlich erkennt, dass sich etwas ändern muss, setzt sie sich an ihren Laptop und beginnt, die Geschichte ihrer Vorfahren aufzuschreiben. Sie will sich von den Schatten der Vergangenheit befreien, die seit Generationen das Leben der Familie bestimmt haben.

Sie erzählt, wie sie als Vierzehnjährige das Zerbrechen ihrer scheinbar heilen Kindheitswelt erlebt und wie sie daraufhin einem Familiengeheimnis auf die Spur kommt. Und sie schreibt über das Schicksal ihrer Großeltern während des Dritten Reichs, das auch das ihrer Eltern und ihr eigenes so entscheidend geprägt hat. Der Laptop mit Claudias Lebensgeschichte gerät in die Hände des Kulturjournalisten Martin Heuser. Er liest, was Claudia der Festplatte anvertraut hat, verliebt sich in sie und macht sich auf die Suche nach ihr …

Die Idee zu diesem Roman kam mir während eines Urlaubs in Dänemark und reifte dann zu einer komplexen Geschichte heran. Entlang der dänischen Nordseeküste trifft man in regelmäßigen Abständen auf unzählige kleine Bunker, oft halb unter Treibsand und Dünen verschüttet. Sie gehörten zu Hitlers sogenanntem Atlantikwall, der als Bollwerk während des Zweiten Weltkriegs eine Invasion aus Westen abfangen sollte. Es sind Relikte aus der Zeit der Nazi-Herrschaft, die Dänemarks Westküste säumen – Zeugen eines unvorstellbar grausamen Wahns, der die Welt erschüttert hat.

Neugierig kroch ich mit meinen Kindern in einen dieser Bunker und blickte durch eine Schießscharte auf die See hinaus. Hier hatten tatsächlich einmal Soldaten Wache gehalten und hatten, so wie ich jetzt, das Meer beobachtet. Ich sah auf die Brandung und auf den im Sonnendunst zergehenden Horizont … und plötzlich meinte ich, die Stimmen der Soldaten zu hören, die gebellten Befehle, das Hantieren mit Waffen und Munitionskästen. Schlagartig wurde mir klar, dass hier etwas geschehen war, das auch nach Jahrzehnten noch auf eine merkwürdig bedrückende Weise gegenwärtig ist.

So wie diese Bunker überdauert haben und sicher weiterhin überdauern werden, so werden in vielen betroffenen Familien die Spuren dieser brutalen Zeit auch Generationen später noch nicht verwischt worden sein. Und so wie ich meinen Kindern die schreckliche Bedeutung der Bunker erklären musste, die jetzt an der friedlichen sommerlichen Nordseeküste an eine gewalttätige Vergangenheit mahnen, so werden wohl viele Nachfahren zwar die Schatten dieser Vergangenheit spüren, aber nicht wissen, woher sie stammen.

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